Zum Geburtstag von Margret Lehnert - Die Seele des HLV wird 80 Jahre alt

  17.08.2022    HLV
Am heutigen Mittwoch, den 17. August feiert die Ehrenvizepräsidentin und Ehrenringträgerin des Hessischen Leichtathletik-Verbandes ihren 80. Geburtstag.

Seit ihren Jugendtagen ist Margret Lehnert der Leichtathletik verbunden, zunächst als Aktive und weit mehr als ein halbes Jahrhundert in zahlreichen Ehrenämtern. Ihr außerordentliches Engagement wurde mit ungezählten Ehrungen gewürdigt. Die reinen statistischen Fakten sind beeindruckend, dennoch den meisten im HLV eher unbekannt. Den Menschen Margret Lehnert kennt jedoch nahezu jeder in der hessischen Leichtathletik. Die Pfungstädterin hat Generationen von Athleten begleitet, betreut, ermuntert sowie getröstet, ihnen allen bei Siegerehrungen die Hand geschüttelt und ebenso Generationen von Ehrenamtlern, darunter alleine fünf HLV-Präsidenten unterstützt. Margret Lehnert war 1985 die „erste Funktionärin zum Anfassen“ mit einem offenen Ohr für alle und ist die feste Konstante im Hessischen Leichtathletik-Verband, eine Landesmeisterschaft ohne Margret Lehnert undenkbar.
Der Hessische Leichtathletik-Verband würdigt Margret Lehnert zu ihrem 80.Geburtag mit einer „offenen Gratulation“ der Ehrenpräsidentin:

Liebe Margret,

unsere erste Begegnung war beim HLV-Verbandstag 1989 in Erbach. Ich kannte Dich nicht, aber Du mich – so wie Du bis heute nahezu jeden kennst, der sich im Umfeld des HLV bewegt. Dabei ist kennen zu wenig. Du weißt meist sehr viel mehr über die jeweilige Person. Damals lernte ich eine Deiner beeindruckenden Eigenschaften kennen. Du hast keine Scheu auf Menschen zuzugehen, kannst sie für Aufgaben begeistern, überzeugen und Deiner Unterstützung versichern – schlichtweg sie zur Mitarbeit überreden. Beim ersten Mal hat es bei mir nicht geklappt, aber zwei Jahre später. Danke, dass Du damals hartnäckig geblieben bist und damit den Grundstein für viele gemeinsame interessante, lehrreiche und schöne Jahre im HLV gelegt hast.

Vor Deinem Eintritt ins HLV-Präsidium hattest Du glücklicherweise bereits Erfahrungen im Verein, Turngau und Bezirk darüber gesammelt wie es ist, als erste Frau in den Kreis der bis dato ausschließlich von Männern bestimmten Funktionärswelt einzubrechen. Frauen waren Exotinnen, die belächelt und in Alibiämtern wie Frauenwartin „untergebracht“ wurden.

So verwundert es auch nicht, dass genau dies Deine erste Funktion im Hessischen Leichtathletik-Verband war. Allerdings bist Du für dieses Amt angetreten, um es letztlich abzuschaffen. Ich erinnere mich gerne an einen Darmstädter Bezirkstag. Gemeinsam haben wir gegen die Versammlung betagter Herren gekämpft, um das Amt der Frauenwartin abzuschaffen. Ein schier unmögliches Unterfangen – bis einer der Ältesten aufstand und uns unerwartet unterstützte, indem er feststellte: „Eine Frauenwartin hat doch nichts anderes zu tun, als vor der Mädchenkabine zu stehen und aufzupassen, dass kein Junge reinkommt.“ Damit hatte sich das Thema erledigt und die Frauenwartin des Bezirks Darmstadt sowie später auch des HLV war Geschichte.

Sich in der Welt des HLV-Präsidiums zu etablieren, war insbesondere nach einem sehr sachkundigen, dominanten Vorgänger eine Herausforderung, die heute kaum mehr vorstellbar ist. Man muss es erlebt haben, wie die männlichen Präsidiumsmitglieder in Sitzungen gemaßregelt und an den Rand der Tränen gebracht wurden. Du aber hast Widerstand geleistet, bist stets sehr souverän und cool geblieben. Mit großer Sachkenntnis, vor allem aber mit Menschlichkeit und Nähe hast Du Dir bei den Männern schnell Anerkennung und Respekt im wahrsten Sinne erarbeitet. Es war ein Kampf, den Du für Dich, vor allem aber für viele Frauen, die nach Dir kamen, gewonnen hast.

Damals war es ein Privileg, in seinem HLV-Amt auch Dinge selbst entscheiden zu dürfen. Du hast dies genutzt, zum Beispiel für die Organisation und Ausrichtung eines DLV-Jugendlagers beim Europacup-Finale 1991, für die Ausweitung von Schüler-, Jugend- und später Senioren-Verbändekämpfen bis in die Niederlande, alljährliche Präsentationen des HLV beim Hessentag. Du hast HLV- und DLV-Hallenmeisterschaften für Senioren initiiert und schließlich Seminare für Leichtathletik-Senioren angeboten. Alles lag damals in einer, Deiner Hand: Formulierung, Vervielfältigung, Verteilung der Einladungen, Aufstellung der Mannschaften, Organisation von Transport, Übernachtung (Luftmatraze in der Turnhalle), Verpflegung, durchgängige Betreuung. Hauptamtliche Unterstützung gab es nicht. Ich sehe noch heute die gelben und blauen Einladungspapiere, die Du allen Erst- und Zweitplatzierten bei Meisterschaften in die Hand gedrückt hast. Für die Schüler, Jugendlichen und Senioren war es eine Ehre, am Saisonende für den HLV zu starten. Absagen gab es folglich nur sehr wenige. Sie wollten dabei sein und mit Dir reisen.

Einige Deiner ganz besonderen Qualitäten sollen nicht unerwähnt bleiben:

Da für Dich immer die Athleten im Vordergrund standen und stehen, hast Du als Veranstaltungsleiterin sie auch bei verspätetem Erscheinen oder Vergessen der Meldung nachträglich zugelassen. Athleten und Trainer haben sich nur selten beschwert, aber Wettkampfsportwarte sind angesichts solcher „Eigenmächtigkeiten“ verzweifelt.

Du kannst einfach nicht Nein sagen. Sei es die Suche nach Ausrichtern, die HLV-Vertretung beim DLV, bei Vereinsjubiläen und Kreistagen, die Übernahme von Siegerehrungen bei Meisterschaften. Nahezu alle Präsidien haben sich darauf verlassen: „Margret macht das schon“. Was für andere sehr bequem war, hat Dich durch ganz Hessen und mehr als einmal über Grenzen des Zumutbaren geführt.

Du warst immer unter den Ersten, die bei einer Veranstaltung ankamen und eine der Letzten, die ging. Eine Fahrgemeinschaft mit Dir zu bilden, ist möglich und immer unterhaltsam, aber zeitlich völlig unkalkulierbar. Auf dem Weg zum Auto habe ich im zehn Minuten-Takt erinnern müssen: „Margret, ich will jetzt los.“ Jeder wollte noch ein paar Worte mit Dir wechseln, seine Sorgen und Nöte, Beschwerden über den HLV loswerden. Die Funktionärin zum Anfassen hatte auch dann noch ein offenes Ohr und konnte nicht Nein sagen.

Und schließlich die Präsidiumssitzungen. Dein Informations- und Mitteilungsbedürfnis machte auch hier manchmal keinen Halt.

Heute in unserem „Ehrenpräsidiumsdasein“ fehlen mir Deine Wortmeldungen, die erwünschten und auch die unerwünschten. Es fehlt das Beisammensein nach Wettkämpfen und Sitzungen, bei dem Gespräche jenseits der hessischen Leichtathletik möglich waren. Und es fehlt Dein wunderbarer Kuchen, den Du uns oft mitgebracht hast.

Du hast den Laden „HLV“ immer zusammengehalten und bist stets die Seele der hessischen Leichtathletik geblieben.

 

Liebe Margret,

im Namen aller hessischer Leichtathletinnen und Leichtathleten möchte ich Dir sehr herzlich zu Deinem Geburtstag gratulieren. Ich danke Dir von ganzem Herzen für Deinen unermüdlichen Einsatz, wünsche Dir beste Gesundheit und hoffe auf noch viele gemeinsame Jahre.

Deine Anja

erstellt von Anja Wolf-Blanke